Wir fliegen ins 1200 km entfernte zentralvietnamesische Dong Hoi.
Wir versuchen so gut es geht nachhaltig, bewusst und umweltfreundlich zu reisen. Fahrrad statt Roller. Eigene Wasserflasche und Trinkbecher statt Plastikmüll. Lokale Produkte statt Importwaren. Ventilator statt Klimaanlage. Lokale Organisationen zu unterstützen statt internationale Angebote zu nutzen. Zug oder Bus statt Flugzeug. Manchmal gelingt es uns leider nicht und Zeit ist ein Faktor, der am Ende die Konsequenz schwächt. Das Flugticket kostet für den einstündigen Flug EUR 35 pro Person, die Busfahrt die Hälfte, dafür wären wir über 20 Stunden mit dem Bus unterwegs. Um unser Gewissen etwas zu beruhigen, nehmen wir uns nun endgültig vor ab 2018 unsere Flüge zu kompensieren und die ausgestoßenen Emissionen durch gezielte Förderung von Klimaschutzprojekten auszugleichen.
So sehr wir das Reisen mögen, versuchen wir nicht kopflos unterwegs zu sein und dankbar für all die Möglichkeiten der Globalisierung zu sein, aber diese eben nicht als selbstverständlich hinzunehmen. Nehmen und Geben – Try to find the balance!
Winter in Vietnam bedeutet, im Süden ca. 30 Grad und tropisches Klima, im Norden heißt es ca. 20 Grad und mildes Klima. Jedenfalls war das unser Kenntnisstand. Die Temperatur sinkt in Zentralvietnam auf unter 15 Grad und es regnet ununterbrochen. Kein Zustand von dem wir uns normalerweise abschrecken lassen, aber wenn die Zimmertemperatur kälter als die Außentemperatur ist und überhaupt in Vietnam sehr „offen“ gelebt wird, ist das für uns verwöhnte Europäer erstmal eine Herausforderung. Zum Glück finden sich im Rucksack noch ein paar warme Sachen.
Wir übernachten im kleinen Dorf Son Trach im Phong Nha Nationalpark. Vom Flughafen sind es ca. 45 Minuten nach Son Trach. Wir genießen die Landschaft, die an uns vorbeizieht: Karstberge, Wälder, Wasserbüffel, Nebel, vereinzelt ein paar Hütten und Fahrzeuge. Hier scheint die Welt fast noch stillzustehen. Son Trach hat 3000 Einwohner, täglich besuchen ca. 600 Touristen den Ort – eine Zahl, die in den kommenden Jahren sicher steigen wird. Vor einem Jahr gab es hier nur eine Handvoll Unterkünfte, mittlerweile sind die Straßen gesäumt von Hotels, Homestays, Gasthäusern… und die Baustellen lassen nur erahnen, was die Zukunft bringen soll. Der Phong Nha Nationalpark beherbergt einzigartige Höhlenformationen, die größte Höhle der Welt, unberührten Dschungel und artenreiche Tierwelt. Zuerst war er nur Ausflugsziel für einheimische Besucher und Höhlenbegeisterte, nun öffnet sich Phong Nha dem Massentourismus.
Wir nutzen den Regentag um Pläne für die kommenden Tage zu schmieden, mehr wärmende Kleidung zu finden und um uns weiter zu kurieren. Nachdem unsere Bäuche wieder alles vertragen, ärgert uns das Immunsystem und eine Erkältung rollt an. Egal – der nächste Tag verspricht trocken zu bleiben und wir melden uns an für Hai’s Eco-Jungle-Tour und freuen uns sehr, hier gleich viele Dinge zu verbinden. Wir besuchen eine Auffang-Station für gequälte Tiere, die entweder dem Kochtopf entkommen sind oder als Vorführtier leidigen Qualen ausgesetzt waren. Ein Teil unseres Geldes fließt direkt in das Conservation Center und dient als Lohn für die lokalen Helfer. Unser Guide ist brillant, sie erzählt uns viel über die Gedanken und die Geschichte der Menschen in Phong Nha und den sich entwickelnden Tourismus. Danach startet unsere Wanderung über Stock und Stein, kriechend unter dichtem Gestrüpp und durch grünes Dickicht, entlang an Wasserfällen und hinauf auf Lichtugen mit grandioser Aussicht. Für ein stärkendes Picknick halten wir an einer ehemaligen Waffenhöhle und wärmen unsere nassen Füße am offenen Feuer. Der Ausflug ist für unsere Seele ein absolutes Highlight – für unsere Gesundheit leider ein Tiefschlag und wir werden mit Fieber, Schüttelfrost und Appetitlosigkeit bestraft. Da am nächsten Abend unser Bus nach Ninh Binh abfährt, verbringen wir die restliche Zeit im Bett und raffen uns nur noch für einen Besuch der Phong Nha Höhle auf. Auch wenn wir es nur halb genießen können, sind wir sprachlos von der Unwirklichkeit dieses Naturwunders und können kaum glauben, dass diese gewaltige Höhle nur eine von vielen ist und längst nicht die Größte.
Das Schauspiel in der Abreisenacht zeigt, dass Son Trach in 5 Jahren kein kleines Dörfchen mehr sein wird. Gefühlte 20 Nachtbusse kommen an, lassen Reisende raus und Reisende rein… ein Gewusel und Verkehr auf den Straßen, Saigon kann fast erblassen vor Neid… eine Stunde später ruht der Ort wieder, vereinzelt Karaoke-Gesänge, Kühe traben auf den Straßen und ein sternklarer Himmel. Wir mögen Son Trach und beschließen irgendwann nochmal wiederzukommen, aber nun wartet Ninh Binh auf uns.
Schlaftrunken werden wir 04:30 Uhr in Ninh Binh abgesetzt und sind sehr froh, dass wir bereits für diese Nacht eine Unterkunft haben und der Besitzer noch oder wieder wach ist und uns aufnimmt. Wir verschlafen den Tag! Das wollen wir die kommenden Tage aufholen, leihen uns Fahrräder und streichen einen Punkt nach dem nächsten von der langen To-Do-Liste, die uns unser Gastgeber nahelegt hat: Tam Coc und Linh Höhlen, die knapp 500 Stufen der „Mua Cave“ nehmen und die Aussicht bestaunen, die Bootsfahrt zu den Trang An Grotten und bei all den Pagoden Halt zu machen. Die Temperaturen schaffen es langsam wieder auf 20 Grad und so radeln wir viele Kilometer bei bestem Frühlingswetter und begegnen immer wieder Szenarien wie aus einem Werbefilm: Karstberge, verschlafene kleine Dörfer, Landwirtschaft wie vor 50 Jahren, spielende Kinder, Seen, Sonnenglitzer. Auch die Vietnamesen nutzen diese Schönheit der Umgebung und immer wieder beobachten wir Hochzeitspaare bei Fotosessions der Superlative. Der Dezember ist ein beliebter Monat zum Heiraten, ganze Straßen werden gesperrt, es wird großzügig geschmückt und ausgiebig gefeiert. Drei Tage lang. Mindestens. In unserer Nachbarschaft werden gleich zwei Paare getraut. Die letzte Musik dröhnt weit nach Mitternacht in unser Zimmer, die ersten Töne starten mit dem Krähen der Hühner gegen sechs. Unser Besitzer berichtet später stolz, dass er auf beiden war… abends und morgens ☝ aber unser Busticket zur Weiterreise nach Cat Ba hat er nicht vergessen! Trinkfest, tüchtig, verlässlich, herzensgut, voller Energie, Taussendsassa – so behalten wir Mr. „Happy Water“ in Erinnerung!
Dichter Dschungel des Phong Nha Nationalpark. Hier lebten vor etwa 20 Jahren noch Elefanten.Mühevoller Weg durch das Dickicht im Dschungel.
Auch kleinere Bäche mussten überquert werden. Dabei blieben nicht alle Füße trocken! 😅Auszeit! Reichhaltiges Picknick im Dschungel.Waffenhöhle aus der Kriegszeit – die Höhle wurde mehrere Kilometer tief in den Berg gesprengt.Bootsfahrt zur Phong Nha Höhle.Kirchturm von Son Trach.Im Inneren der Phong Nha Höhle.Einfach überwältigend.500 Stufen Aufstieg bei den Mua Caves. Der Ausblick entlohnt!Auch in die andere Richtung beeindruckt die Landschaft rund um Ninh Binh.Sonnenuntergang bei Tam Coc.Start unserer Trang-An-Tour.Bootsfahrt durch die Trang An Grotten. Kopf einziehen!Tempel umgeben von Bergen und nur durch die Höhlen erreichbar.Karstberge auf unserer Bootsfahrt durch Trang An.Einsames Fischerboot.Spiegelnde Wasseroberfläche. Kein anderes Boot weit und breit.Die Gegend war Drehort für den Film ‚Kong: Skull Island‘.
*Persönliche Empfehlungen für Essen, Unterkünfte, Sonstiges:
Son Trach: Bamboo Café (Gerichte unter USD 5/ gute Veggie-Küche/ super lecker/ wir waren viermal (!) dort und jedesmal begeistert!)
Hai’s Eco-Jungle-Tour (Tolle Ein- und Mehrtages-Touren/ ein Teil des Tourgeldes fließt in eine Tier-Auffangstation)
Ninh Binh: Friendly Home Hotel (große, moderne, saubere und liebevoll eingerichtete Zimmer/ Doppelzimmer mit Badezimmer für unter USD 22 pro Nacht